In der Fachgemeinschaft wurden verschiedene Modelle entwickelt, um den Informationsprozess darzustellen und um aufzuzeigen, was unter informationskompetentem Handeln zu verstehen ist. Die Phasen des Informationsprozesses werden in linearer Reihenfolge oder in zirkularer Anordnung dargestellt. Einzelne Modelle berücksichtigen nur kognitive Faktoren, andere gehen auch auf emotionale Gegebenheiten wie Angst und Unsicherheit ein. Allen Modellen ist gemeinsam, dass sie lösungs- und handlungsorientierte Ansätze bieten, indem sie die Komplexität des Informationsprozesses entflechten. Die Modelle bilden die Basis für die Entwicklung von Standards und Frameworks.
Klassische Modelle aus dem englischsprachigen Raum
The Big 6 – Information & Technology Skills for Student Achievement (Eisenberg & Berkowitz, 1990)
Das Modell, das von Mike Eisenberg und Bob Berkowitz entwickelt wurde, beschreibt den Informationsprozess in sechs Schritten, die zusätzlich in zwei Anweisungen unterteilt sind. Dieses Modell zeigt den lösungs- und handlungsorientierten Charakter auf rein kognitiver Ebene. Interessant an diesem Modell ist, dass es nicht nur im Hochschulbereich, sondern auch auf der Stufe Kindergarten, Primar- und Sekundarschule eingesetzt werden kann (Modell Super3, Reduktion auf drei Stufen). Die Webseite beinhaltet umfassende Informationen zum Modell, Arbeitsmaterialien, Tutorials und Blogs.
Information Search Process (ISP) (Kuhlthau, 1989)
Das Carol Kuhlthau entwickelte Modell des Information Search Process arbeitet mit sechs Phasen, wobei der Informationsbedarf und die Recherchevorbereitungen in den Vordergrund gestellt werden. Neben der Darstellung des Informationsprozesses werden auch Gefühle, Gedanken und Handlungen, die während des Informationsprozesses vorkommen können, einbezogen. Kuhlthau geht davon aus, dass der Informationssuchende zu Beginn eher unsicher und ängstlich ist. Erst in einer späteren Phase des Informationsprozesses werden diese Zweifel durch ein Gefühl der Sicherheit abgelöst.
The SCONUL Seven Pillars of Information Literacy (SCONUL, 1999)
Die Seven Pillars der SCONUL (Society of College, National and University Libraries, Grossbritannien) stellen den Informationsprozess in sieben Säulen dar, die einzeln für sich gesehen einen Teil der Informationskompetenz ausmachen. Das Modell arbeitet zusätzlich mit Kompetenzstufen (vom Anfänger bis zum Experten). Auf dem Weg vom Anfänger bis zum Experten durchläuft ein Informationsnutzer mehrmals den gesamten Informationsprozess und wird so im Umgang mit Informationen immer kompetenter.
Modelle aus dem deutschsprachigen Raum
DYMIK (Homann, 2000)
Das Dynamische Modell der Informationskompetenz (DYMIK) von Benno Homann geht davon aus, dass während des Suchprozesses rationale wie auch emotionale Faktoren eine Rolle spielen (siehe auch Carol Kuhlthau) und somit den Informationsprozess beeinflussen. Im Idealfall durchläuft ein Informationssuchender alle fünf Handlungsphasen in einer linearen Abfolge. Jede der fünf Handlungsphasen ist geprägt von weiteren Handlungselementen. Diese Handlungselemente können ausschlaggebend sein, ob mit der nächsten Handlungsphase im Suchprozess weitergefahren werden kann. Wenn die Voraussetzungen nicht stimmen, muss der Suchende im Informationsprozess eine vorausgehende Handlungsphase nochmals durchlaufen. Somit gestaltet sich der Informationsprozess nicht mehr rein linear, sondern bekommt einen dynamischen Charakter.
Lernsystem Informationskompetenz (LIK) (Dannenberg, 2000)
Dannenberg versteht sein Modell 'Lernsystems Informationskompetenz' (LIK) als Schnittstelle zwischen Bibliotheken aller Stufen und den diversen Ausbildungsstätten. Das Modell ist nicht linear aufgebaut, sondern besteht aus vier Seiten, die ineinander verzahnt und voneinander abhängig sind, was gemäss Dannenberg Informationskompetenz erst ausmacht. Weitere Bestandteile des Gesamtkonzeptes LIK sind Lernziele, didaktische Prinzipien sowie Hinweise auf methodische Komponenten.
Neue Ansätze in der Förderung von Informationskompetenz
Während die älteren Modelle sich stark auf das Suchen und Finden von Information fokussieren, sind die Inhalte in IK-Veranstaltungen deutlich vielseitiger. Die neuen Modelle, die sich dem Threshold-Konzept anlehnen, betonen die Notwendigkeit eines grundsätzlichen Verständnisses, dank welchem wir in der sich stetig verändernden Informationsumgebung jederzeit kompetent mit Information umgehen können. Zwei Beispiele hierfür sind:
- ANCIL, ein Konzept aus Grossbritannien: Secker, Jane & Coonan, Emma (2011). A new curriculum for information literacy: Curriculum and supporting documents.
- Association of College and Research Libraries (2015). Framework for Information Literacy for Higher Education. Chicago: American Library Association.
Das von Tom Mackey und Trudi Jacobsen in der USA entwickelte Metaliteracy-Modell basiert auf der Metakognition-Theorie, wobei die Lernenden ihr Lernen kritisch reflektieren:
- Mackey, Thomas P. & Jacobson, Trudi E. (2014). Metaliteracy. Reinventing Information Literacy to Empower Learners. Chicago: ALA Neal-Schuman. DOI: 10.5860/crl.76.6.844
(Die beiden Autoren pflegen einen Blog zu Metaliteracy: https://metaliteracy.org/)
Zusammenfassende Literatur zu den einzelnen Modellen und Standards
o-bib. Das offene Bibliotheksjournal 4.1 (2017) [Themenschwerpunkt Informationskompetenz]. DOI: 10.5282/o-bib/2017H1
Haeberli, Justine (2010). Informationskompetenz für den universitären Standort Göttingen: Bestandsaufnahme und Empfehlungen. Berlin: Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin.
Schatovich, Anna Katharina (2007). Zur Vermittlung von Informationskompetenz an österreichischen Universitätsbibliotheken: Entwicklung, Status quo und Perspektiven im Raum Wien. Eisenstadt: FH-StG Informationsberufe.